Die Geschichte der Wattolümpiade – Teil 1

Wie alles begann…

„Wenn die Gummiräder weggeschmolzen sind, ist das Fleisch auch durch“.

Hein Hoop hatte den Einkaufswagen des Gardinger Supermarktes in die Glut des riesigen Berges von Treibholz und Strandgut geschoben, das er immer in der Eidermündung vor seiner Galerie „Kinski“ in Katingsiel sammelte. Dazwischen immer mal wieder ein größerer Baumstamm, der dann unweigerlich von Hein zu einem riesigen Phallus geschnitzt wurde, die längst das Umfeld seiner kleinen Galerie zu einem völlig eigenständigen eiderstädter Kunstbekenntnis machten. In den Grillgesprächen mit Knut Kiesewetter, Hannes Wader und Henning Venske tauchte 1970 zum ersten mal die Idee einer Wattolümpiade auf.

Ursprünglich gedacht als Protestaktion gegen den Bau des Eidersperrwerkes spielte die Gruppe „Catharsis“ aus Göttingen am Wattrand auf und Hein Hoop stellte seine „Gezeitentür“ in einen festen Türrahmen in das Katinger Watt. Sie öffnet sich bei ansteigender Flut und schließt sich bei Ebbe im Rhythmus der Gezeiten. Eine großartige Metapher, die lange nach dem Ableben des Erfinders der Wattolümpiade in einem südlicheren Kulturkreis zu seinen Ehren wiederholt werden sollte. Leander Segebrecht dokumentierte die Aktion, an der sich zahlreiche weitere Künstler aus Göttingen und Düsseldorf beteiligten.

Uns verband damals meine Idee von der Gründung eines wattpsychologischen Institutes, denn ich hatte mit den Illustrationen zu meinem Buch „So funktioniert Dithmarschen“ begonnen. Meine Federzeichnung einer Kuh, die ein meterlanges Euter hinter sich herschleppte, weil sie zu lange an eine der modernen Melkmaschinen angeschlossen war, fand die Zustimmung des Strandgutgrillgremiums. Irgendwie bewegten wir uns einem ganz ähnlichen Universum, das durch die amphibische Landschaft um uns herum deutlich stärker beeinflusst wurde, als durch die vielen leeren Bierkisten, die von unserem Denkfleiß zeugten. Genauer definieren konnte das damals niemand.

Diese ersten Wattolümpiaden fanden nur zweimal statt, dann erlosch diese „dynamische Aktualität“, wie sie Walter Nehm damals nannte, auf diesem unbeackerten Wirkungsfeld. Eine Urlandschaft, die sich im Rhythmus der Gezeiten ständig selbst erneuert, birgt jedoch auch eine Urkraft, wie sich fast ein halbes Jahrhundert später beweisen sollte. Selbst der Wattengel, der unter Hein Hoop noch „Hoheitsadler“ hieß, wurde damals bereits in den Schlamm geschlagen und zu seinen Ehren durch den Wattkampfleiter Oliver Kumbartzky während einer Wattolümpiaden der Neuzeit wiederholt. Dieses Mal jedoch zu einem Event der Superlative, denn sie führte zu einem konkurrenzlosen Weltrekord. Doch darüber erzähle ich Euch später.

(vor Lektorat)